Lebe lieber unbequem.
Erste Liebe: Mirna Funk
„Wenn du dich einmal an einen Porsche gewöhnt hast, dann brauchst du einfach diese Power.“
Die gebürtige Ostberlinerin Mirna Funk arbeitet als freie Journalistin und Autorin. Sie macht gerade ihren Master in Philosophie und ist alleinerziehende Mutter einer vierjährigen Tochter. Es muss also auch mal schnell gehen – zum Beispiel in ihrem Porsche 924 S, Baujahr 1986.
Wir sind in Berlin-Mitte und Mirna Funk manövriert ihr Auto für unsere Fotografin in Pose.
„Mein Fahrstil ist eher aggressiv. In Deutschland hupt ja keiner. Ich hupe deshalb für alle mit.“
Ein Radfahrer kommt vorbei, nicht ohne ihr noch etwas über ihren Porsche 924 S erklären zu wollen … Mirna Funk korrigiert den Mann – dies sei wirklich kein Turbo – und lässt sich auf keine weiteren Diskussionen ein.
„Seit sechs Jahren besitze ich diesen Wagen, und während Frauen ihn bewundern, wollen Männern ihn mir ständig erklären.“
1975 brachte Porsche den 924 als Einsteigermodell auf den Markt, konzipiert war er für „junge Familien und die Damen“. Und dank ebendiesen konnten die Herren in der Porsche-Chefetage trotz Ölkrise beruhigt schlafen, denn schon 1977 brach der 924 alle Verkaufsrekorde. Der vergleichsweise günstige Preis begründete sich darin, dass im Ursprungsmodell Entwicklungen aus anderen Teilen des Volkswagen-Konzerns integriert wurden. Das minimalistische Design mit den Klappscheinwerfern fällt jedoch auch heute noch ins Auge.
„Ich habe das Modell zum ersten Mal vor sechs Jahren in Kreuzberg auf der Straße gesehen und mir die Bezeichnung sofort gemerkt. Zwei Wochen später habe ich ihn dann schon im Internet gefunden. Seitdem ist er bei mir.“
„Mein Fahrstil ist eher aggressiv. In Deutschland hupt ja keiner. Ich hupe deshalb für alle mit.“
Jede Liebe durchläuft auch mal Zeiten des Zweifels, käme ein anderes Auto infrage? Vielleicht sogar ein Neuwagen?
„Letzten Sommer musste ich ihn zu Porsche in die Werkstatt bringen, weil mir jemand reingefahren ist. Die Reparatur war aufwendiger, weshalb sie mir einen Ersatzwagen gegeben haben. Drei Wochenfuhr ich also mit einem Porsche 718 BoxsterSpyder durch die Stadt. Ein schneeweißes Cabrio. 420 PS. Ich arbeite in Kreuzberg, die Bewunderung der Arab Boys dort war mir jeden Tag aufs Neue sicher. Unabhängig davon habe ich durch diesen Wagen erst gemerkt, worum es beim Autofahren heute eigentlich geht: Komfort! Die Autos von heute sind rollende Wohnzimmer, die Musik geht automatisch an, es gibtsogar eine Servolenkung und automatische Fensterheber! Das habe ich alles schließlich nicht. Ich muss ja richtig kuppeln, die meisten Leute sind überrascht, wenn sie merken, wie viel Kraftaufwand das ist. Im Winter braucht der Wagen ewig, um warm zu werden, im Sommer sind da drinnen 60°C. Im Grunde sieht er nur gut aus. Natürlich überlege ich mir, ob es eine Alternative gibt. Leasing hatte ich mal in Betracht gezogen und bin einen Volvo Probe gefahren. Aber ganz ehrlich, wenn du dich einmal an einen Porsche gewöhnt hast, dann brauchst du einfach diese Power.“
Wie wäre es also mit einem anderen Porsche?
„Einen alten 911er könnte ich mir sehr gut vorstellen. Allerdings hängt meine vierjährige Tochter an dem 924er und ich habe ihn ihr versprochen. Ich könnte also im Lotto gewinnen, ihn nochmal richtig schick machen lassen und bis zu ihrem Führerschein in die Garage stellen, und mir einen 911er kaufen. Oder ich gewinne nicht im Lotto.“
Apropos Lottogewinn, wie findet man in Berlin-Mitte lebend jeden Tag aufs Neue einen Parkplatz? Ist das nicht der absolute Horror?
„Ich habe einfach gutes Parkplatz-Karma. Sobald wir in unsere Nachbarschaft kommen, sage ich meiner Tochter Etta, dass sie die Finger kreuzen und einen Parkplatz beim Universum bestellen soll. Und das klappt. Ich fahre jeden Tag. Ich fahre sogar zum Bäcker. Im Winter gehe ich keinen Schritt zu Fuß. Ich besitze nicht mal ein Fahrrad.“
Macht es Sinn, hier über Nachhaltigkeit oder Elektromobilität zu sprechen?
„Ich fahre ein 30 Jahre altes Auto, das ist sehr viel nachhaltiger als die Produktion eines Neuwagens, auch wenn es ein Elektroauto wäre.“
Auch wieder wahr.
Und ohne Frage ist der 924 S auch eine Geldanlage.
„Innerhalb der letzten fünf Jahre hat sich sein Wert verdoppelt. Da lohnt es sich, noch etwas in den Wagen zu investieren, nicht nur emotional.“
Die Daumen für den Lottogewinn bleiben natürlich trotzdem gedrückt.
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Fotos Christina Raue
Interview Fay Kornmeier