Johnny Marr: Das Konzept Stil

Ex-The Smiths-Gitarrist Johnny Marr ist Poplegende und Stilikone gleichermaßen. Mit seinem dritten Solo-Album „Call The Comet“ tourte er monatelang durch die Welt. Wir haben ihn in Amsterdam zum Fotoshoot getroffen.

Zusammen mit Morrissey gründete Johnny Marr 1982 The Smiths, eine der wichtigsten Bands der Popgeschichte. Er komponierte „How Soon Is Now“, „Some Girls Are Bigger Than Others“, „Panic“ und viele andere legendäre Songs, die das damalige Lebensgefühl der Jugend in Salford widerspiegelten. Gangkultur, Streetstyle und Liebeskummer waren die Themen, mit denen Marr und Morrissey konfrontiert waren. Als Marr nach fünf Jahren The Smiths verließ, löste sich die Band auf. Wenn man ihn heute nach Morrissey fragt, weicht er aus. Lieber spricht er über die Zeit danach, über seine Zusammenarbeit mit Künstlern wie Chrissie Hynde von den Pretenders. Oder die Kollaboration mit  Bernhard Summer von New Order, mit dem er die Band „Electronic“ gegründet hat. Auch über seinen gesunden Lebenswandel erzählt er gern, denn er ist seit vielen Jahren Veganer und exzessiver Jogger. Es ist schon eine seltsame Vorstellung, wie Johnny Marr – höchstwahrscheinlich im Regen – durch Manchester rennt und sich dabei Hooklines für sein nächstes Album ausdenkt. Aber irgendwie funktioniert das und ist es ja auch gut, in Würde zu altern, den Rock’n Roll irgendwann ad acta zu legen. Marr wirkt fit und stilistisch auf Linie. Zur nordenglischen Strähnchenfrisur trägt er bei seinen Auftritten bunt gemusterte Hemden, fast immer bis oben zugeknöpft. Schon zu Smiths-Zeiten war das so. 

"Ich habe mir über die Jahre einen bestimmten Stil erarbeitet."

Johnny Marr

Du siehst immer ausgesprochen gut angezogen aus. Aus deutscher Sicht irgendwie britisch. Wie würdest du selbst deinen Stil beschreiben?

Ich würde sagen, ich habe mir über die Jahre einen bestimmten Stil erarbeitet. Ich war schon besessen von Klamotten, als ich jung war. Vor allem Street Fashion hat mich interessiert. In den 70ern und 80ern gab es die „Perry Boys“ in Manchester. Ihr Style hat mich sehr beeinflusst. Er war aus der Mod-Bewegung und der Casual-Street-Szene hervorgegangen. Die britische Indie-Szene wurde in den 80ern davon beeinflusst und auch mich hat das geprägt. Aber ich interessiere mich auch für Frauenmode und versuche Elemente für mich zu adaptieren, soweit das möglich ist. 

Wo kaufst du deine Hemden?

In Second Hand-Läden, meistens in Amerika. Ich lasse sie dann von einem Schneider anpassen. Auf der Bühne trage ich meistens Frauenblusen, die für mich umgeschneidert wurden. 

Durchforstet man das Internet nach deiner Beziehung zu Autos, dann stößt man auf Unfälle und Führerscheinentzug. Wie würdest du dein Verhältnis zum Führen eines Fahrzeuges aus heutiger Sicht beschreiben?

Als ich meine Autobiografie geschrieben habe, ist mir das auch aufgefallen. In Verlauf meines Lebens gab es durchaus einige signifikante Vorfälle mit Autos. Der Unfall, den ich 1987 hatte, war schlimm. Mein Fahrstil war damals rasant. Ich wollte nur so schnell wie irgend möglich an ein Ziel zu kommen. Dazu habe ich die Musik auf volle Lautstärke gedreht. Der Unfall hat mich wachgerüttelt. Und ja, das Fahrverbot habe ich bekommen, weil ich über 100 Meilen pro Stunde gefahren bin (Das ist in England weit über der Höchstgeschwindigkeit. Anm. d. Red.) Heutzutage ist meine Beziehung zu Autos ganz anders. Ich bin entspannter geworden und ich cruise gern.

Welche Autos besitzt du?

Ich fahre einen 1988er Mercedes SL Cabrio in „charcoal black“. Außerdem habe ich einen neuen Mini S und einen 2018er Range Rover. Da ich keinen Alkohol trinke, fahre ich meistens selbst. Ich habe aber auch einen Fahrer, wenn ich mal nicht fahren möchte.

Du bist sehr aktiv auf den digitalen Kanälen, zum Beispiel auf Instagram.

Ja, ich finde es gut, dass meine Fans Informationen sofort und direkt von mir bekommen. Mein Art Director Mat Bancroft ist oft auf Tour dabei, von ihm stammen die meisten Aufnahmen.

Text SABINE RÖTHIG

Fotos YAËL TEMMINCK

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