Michael Holzleiter ist Manager in der Gastronomie, lebt schon lange in Berlin. Er hat in seinem Leben bislang nur Oldtimer gekauft. Der Lincoln allerdings war schon mit 17 seine erste große Liebe. Wieso er sich ihn vor zwei Jahren dann endlich gekauft hat und was ihn so besonders macht.
ERSTE LIEBE
Wie hast du das Auto gefunden?
Ich habe bei mobile.de geschaut, was es aktuell für Autos gibt, weil ich das Auto schon haben wollte, als ich 17 war, und es war das erste Auto, was ich mit 17 1/2 probegefahren bin. Natürlich nicht dieses, aber das Modell. Das war aber eine komplette Bastelbude. Dann habe ich mich für ein anderes Auto entschieden und jetzt konnte ich mir ein bisschen mehr Geld beiseite legen und hab geschaut, was es so gibt. Und dann habe ich den zufällig gesehen und bin mir ihn bei einem Privatier anschauen gegangen, der eine kleine Autosammlung hatte und dieses Auto abstoßen wollte. Er hatte es dann einem Autohaus zum Verkauf gegeben. Den Herrn habe ich leider nie kennengelernt. Der Wagen stand elf Jahre in der Tiefgarage und hatte deswegen ein paar Problemchen, die ich alle beseitigt habe.
Und wieso also genau dieses Auto?
Das extreme war schon immer etwas, was mich getriggert hat. Und das Modell vom Lincoln ist schon das extremste, was man sich bei den Amis so holen kann. Von Cadillac gibt es so ein ähnliches Modell, der Gegner sozusagen, aber der hat viel weniger Details und ist eigentlich ein riesiger Metallkasten. Dieser hier hat halt durch die ovalen Fenster hinten oder die Kiemen an der Seite überall schöne Details, Schnickschnack. Der Wagen hat Klimaautomatik, also er misst die Raumtemperatur und regelt dann, wie viel Kälte und Wärme in das Auto reinkommt. Der Tempomat hält die Geschwindigkeit und beschleunigt bei Steigung. Zentralverriegelung, Innenraumbeleuchtung, höhenverstellbares Lenkrad, elektrische Fensterheber, vier Aschenbecher – alle möglichen Sachen, die es heutzutage schon fast gar nicht mehr gibt. Deswegen war der schon immer bei mir drin.
Wie lange hast du das Auto schon?
Ich hab das Auto vor zwei Jahren gekauft. Das ist Jahrgang 1977 und die erste Baureihe. Der hier war aber der schwächste von allen. Die ganzen Vorgänger waren viel stärker von der Leistung her, weil dann die Ölkrise kam und die Leistung der Autos gedrosselt werden musste, was für den Verbrauch wiederum irrelevant war. Es wurde nur die Leistung runtergeschraubt, der Verbrauch war genauso hoch wie davor. Das war das unnötigste Spielzeug, was man sich zulegen konnte, 6,6 Liter Hubraum mit 160 PS.
Wie würdest du deinen emotionalen Bezug zu dem Auto beschreiben?
Schon sehr viel Liebe. Mein kleines Baby. Eher Riesenbaby.
“Das extreme war schon immer etwas, was mich getriggert hat. Und das Modell vom LINCOLN ist schon DAS EXTREMSTE, wasman sich bei den Amis so holen kann.”
Fährst du mit dem Auto auch in den Urlaub?
Wir waren tatsächlich schon in Hamburg mit dem Auto. Aber das muss man kalkulieren, weil das auch nicht gerade günstig ist. Auf der Autobahn schluckt er bis zu 15 Liter, in der Stadt ist das ein bisschen heftiger, 20 bis 25 Liter. Kommt natürlich auf die Fahrweise an. Aber den Motor möchte man dann schon mal hören. Ich würde gern mal damit in meine Heimat damit fahren, nach Karlsruhe.
Aber wird das Auto in Berlin regelmäßig genutzt?
Also im Kreis fahre ich tatsächlich nicht, das macht für mich keinen Sinn. Ich habe eigentlich immer ein Ziel, also zum Beispiel ein Flohmarkt in Charlottenburg oder nach Brandenburg raus. Aber gerade, wenn wir irgendwo in die Stadt fahren, also nach Charlottenburg oder nach Friedrichshain oder so was, dann fahren wir schon gerne lieber als mit einem normalen Auto. Und auch das Parkplatzfinden ist eigentlich kein Problem, da wundern sich die meisten. Ich weiß, wo das Auto aufhört und quetsch mich dann halt irgendwie rein.
Fällt dir spontan noch eine lustige Situation ein, die du mit dem Auto erlebt hast?
Ich stand mit dem Auto mal vor dem Apple Store am Ku’damm und musste ein paar Sachen erledigen. Als ich zurückkam, steckte eine Lincolnland-Visitenkarte, an meiner Windschutzscheibe. Das ist der größte amerikanische Lincolnhändler. Ich habe es überhaupt nicht verstanden, bis ich abends eine E-Mail bekommen habe mit einem Foto von meinem Auto vor dem Apple Store, ich selbst war sogar noch im Hintergrund zu sehen. Die E-Mail war von dem Chef der Firma, mit dem ich in Kontakt war, weil ich Daten von diesem Auto haben wollte und das Auto mal in deren Besitz war. Sein Sohn arbeitet im Apple Store am Ku’damm und hat das Auto von drinnen gesehen. Als er sieben war, ist er schon als Beifahrer mit seinem Vater in genau diesem Lincoln gefahren.
Intersection #44
Interview: Antonia Schmidt
Credit: Andrea David